Seit wir unser Nähstubenprojekt im Comedor begonnen haben, entwickeln wir Nähworkshops oder Nähprodukte, um sinnstiftend Menschen Integrationsmöglichkeiten zu bieten. Denn viele Personen, Männer wie Frauen, besonders aus Afghanistan und dem Iran, können gut nähen. Für Frauen ist es oft eine Selbstverständlichkeit und auch eine Notwendigkeit, um die eigenen Kinder einkleiden zu können. Viele haben aber auch in Fabriken gearbeitet, im Iran oder in der Türkei.
Ali Hossaini, der im Iran vier Jahre Herrenschneider gelernt hat, ist uns besonders aufgefallen – durch seine Schnelligkeit, aber auch durch seine Geschicklichkeit. Beim Projekt Engelkleidernähen für die Weihnachtsstadt 2017 konnte er auch die anwesenden Werklehrerinnen von seiner Professionalität überzeugen. Für den Weihnachts- und Ostermarkt nähte er uns dann Ofenhandschuhe aus alten Jeansresten. Diese wurden gerne gekauft, waren sie doch innen mit einem bunten Stoff gefüttert. Ich ließ mir sagen, dass so eine Arbeit schon ganz schön knifflig sei.
Um zu sehen, wieviel in Ali Hossaini nun wirklich an Schneiderpotential steckte, ließen wir ihn für Clemens, den Sohn von Franz, einen Anzug anfertigen. Aus Termingründen kam es nur zu einer einzigen Anzugprobe, normalerweise gibt es drei. Ali nähte Clemens einen richtigen Maßanzug und zeichnete sich den Schnitt dafür selbst. Da unsere Maschinen nicht so leistungsstark sind, nähte er die schwierigsten Teile dann im Nähcafé Was IhrWollt! fertig. Ali ist gute Industriemaschinen gewöhnt, das können wir ihm leider nicht bieten. Trotzdem sind wir froh, wenn er uns immer wieder etwas für die Märkte zum Verkaufen näht.
Der nächste Markt ist am Lebensgut in Rohrbach, diesen Samstag, den 5. Mai 2018. Da wir dort einen Sonnenschirm brauchen und der Stoff meines alten Sonnenschirmes sich heuer endgültig aufgelöst hatte, fragte ich Ali, ob er eventuell das Gestell neu überziehen möchte. Zwei Tage später überraschte er uns mit dem fertigen Schirm. Das war ein Spaß! Jetzt überlegen wir: könnte Sonnenschirme reparieren vielleicht eine Marktlücke (in Hainfeld?) sein.
Demnächst besucht Ali die Schneiderwerkstatt Kattunfabrik in Wien, wo sein Können professionell abgetestet wird. Wenn alles gut geht – und das vermuten wir doch sehr – könnte er eine kostenlose dreimonatige Einschulung auf die Markterfordernisse in Österreich bekommen. Ali ist ein guter Schneider. Es wäre wirklich sinnvoll, wenn er wieder in seinem Beruf arbeiten könnte!
Alexandra Eichenauer-Knoll