Kreativworkshop mit Marianne Plaimer

Wir hatten heuer im Sommer das große Glück, die Kunstpädagogin Marianne Plaimer für die Gestaltung von drei Mittwochnachmittagen gewinnen zu können. Mittwoch von 14.00 – 17.00 Uhr ist ja unser Spiele- und Kreativnachmittag im Comedor del Arte. Marianne Plaimer brachte die Idee mit, Figuren aus Pappkarton zu basteln. Die Kinder waren mit Begeisterung bei der Sache, wovon auch die vielen Fotos zeugen. Ich befragte Marianne für diesen Blogbeitrag über ihren Zugang zur Pädagogik und zum Experiment.

Liebe Marianne, Du bist Kunstpädagogin im BRG/BORG St. Pölten. Jetzt in den Sommerferien gestaltest Du drei Mittwochnachmittage für Kinder im Comedor del Arte. Wenn Du nicht wirklich eine sehr leidenschaftliche Pädagogin wärest, würdest Du das sicher nicht tun. Was liebst Du so an diesem Beruf?
Alles! Die Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen im – für mich – schönsten Fachbereich, der bildenden Kunst. Anders als in der Wirklichkeit ist in der Kunst alles möglich. Da darf es alles geben – nur kein Richtig oder Falsch! Und – Kunst braucht in Wirklichkeit niemand – auch das ist schön. Kunst entsteht ihrer selbst willen – als Form des Ausdrucks – als Resultat eines kreativen Prozesses – als Resultat von freudigem Tun. Gestalten ist Urbedürfnis jedes Menschen. Kinder zeichnen, malen und basteln von sich aus gern. Unsere Aufgabe – die, der Erwachsenen, v. a. der Kunsterzieher –  ist es, diese Freude am Leben zu lassen.

Du entwirfst mit den Kindern aus Pappkartons und Kartonrollen Figuren, die dann mit Acrylfarbe bemalt werden. Die Kinder sind begeistert und wir Erwachsenen auch. Warum hast Du gerade diese Idee für die Nachmittage bei uns entwickelt?
Ich arbeite gern mit „armen Materialien“. Karton, Klebebänder, Alufolie, usw. – das sind Materialien, die an sich nicht wertvoll sind, Materialien, die jeder Mensch braucht und benutzt. Verpackungsmaterial steht uns massenhaft und kostenlos zur Verfügung. Ein Sammelsurium an Schachteln und Verpackungen unterschiedlicher Größen und Formen motiviert zum Bauen und Gestalten. Und diese geometrischen Grundformen geben den Figuren, die daraus gebaut werden, etwas sehr Archaisches, also Urtümliches und somit Ausdrucksstarkes. Mich erinnern diese Figuren an Puppen und Idole alter Volkskulturen – überhaupt wenn Kinder sie bauen. Warum überhaupt die Figuren? Kinder erschaffen sie gerne!

Franz Witzmann kennt Dich aus den gemeinsamen Tagen in einem Abbruchhaus in Traisen, das als Gestaltungsraum von der Gemeinde zur Verfügung gestellt worden war. Damals habt Ihr mehrere Sommer lang mit Jugendlichen gearbeitet. Was erinnert Dich bei uns an dieses Projekt?
Ich habe im Comedor del Arte sofort auch diese angenehme, wohlwollende Atmosphäre gespürt. Auch hier haben sich Menschen gefunden, die etwas unbeschreiblich Wichtiges und Großartiges leisten, Raum und Entwicklungsmöglichkeiten für Menschen bereit stellen, die in ihrer Lebenssituation Aufmerksamkeit brauchen. Traisen funktionierte als Gestaltungs- und Kommunikationsraum. Das gestalterische, künstlerische Tun stand hier im Vordergrund. Traisen hatte auch einen sehr stark experimentellen Charakter. Erwartungen gab es von vornherein keine. Der Gestaltungsraum war ein Angebot, das angenommen wurde und von den teilnehmenden Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen entwickelt wurde. So funktioniert auch Comedor del Arte, denke ich.

Zu unseren Spielenachmittagen kommen Kinder, die die deutsche Sprache noch fast gar nicht beherrschen, vielleicht erst einige wenige Monate in Österreich leben. Wie gehst Du mit diesen Sprachbarrieren um?
Am Anfang hatte ich schon die Befürchtung, mich den Kindern nicht mitteilen zu können. Die Kinder haben mit ihrer Begeisterung diese Befürchtungen aber sofort zerstreut. Die wollten einfach nur anfangen! Und es ist schön zu sehen, wie das gemeinsame gestalterische Tun zu einer Sprache werden kann, die jeder versteht.
 
Das letzte Mal hast Du auch eine Kollegin, Mag. Boriana Strasser, mitgenommen. Die Arbeit ist doch ziemlich anstrengend…
Alle Kinder wollen sofort anfangen – und dann muss etwas entstehen! Das ist es, was die Arbeit mit vielen Kindern herausfordernd macht. Das Gefühl, nicht überall gleichzeitig sein zu können, es aber zu wollen, kann schon energieraubend sein. In solchen Situationen empfindet man die Sprachbarrieren dann auch als Belastung. Meine Kollegin Boriana Strasser ist sehr interessiert an dieser Arbeit und hat sofort, als ich ihr davon erzählt habe, angeboten, hier mitzuhelfen. Der zweite Nachmittag war mit ihrer Unterstützung auch entspannter.

Marianne Plaimer hat an der Akademie der bildenden Künste studiert. (Künstlerisches Lehramt – Grafik, Klasse Damisch). Seit 2004 arbeitet sie als Kunsterzieherin am BRG/BORG St. Pölten. Seit damals engagiert sie sich auch in verschiedenen partizipativen Projekte. Näheres dazu gibt es auf ihrer Website www.mplaimer.at

Die Fragen stellte Alexandra Eichenauer-Knoll.