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Wörter lernen mit dem Comedor-Memory

Seit Bestehen des Comedor del Arte in Hainfeld werden Deutschkurse abgehalten, derzeit an drei Tagen in der Woche. Das Niveau der Schüler ist unterschiedlich, manche können Englisch und somit auch relativ problemlos lesen und schreiben. Für viele ist das Alphabet allerdings fremd.

Seit Dezember 2016 biete ich daher zusätzlich einen ABC-Kurs an, für den ich eigene Leseblätter mit Wörtern, kurzen Sätzen und Übungen entwickelt habe. Denn Bücher sind teuer und bis auf wenige Personen ist der Kurs einer starken Fluktuation ausgesetzt. Da der Kurs Samstag nachmittag stattfindet, kommen auch häufig Besucher von auswärts dazu. Die Stunde soll also auch funktionieren, wenn jemand nur einmalig anwesend ist.

Gemeinsam mit der iranischen Sozialpädagogin Somayeh Naserifar entstand nun die Idee, die Wörter spielerisch mit Memorykarten zu üben. Frau Somayeh ist eine begabte Zeichnerin und entwickelte hübsche Vorlagen, die kopiert und auf Blankokarten geklebt worden sind. So kann das Spiel auch beliebig vervielfacht werden. In einer Deutschstunde wurden die Karten bereits ausprobiert und für unterschiedliche Aufgabenstellungen genutzt. Ich kann das Lernsystem also auch in einer normalen Deutschstunde, wie sie unter der Woche stattfindet, gut gebrauchen.

Das Projekt ist ein weiteres Beispiel für das kreative Potential der Menschen, das im Begegnunghaus Comedor del Arte entdeckt und genutzt werden kann. Die Künstlerin selbst ist über die Ermutigung erfreut und motiviert. Zu den Deutschkursen meint Frau Naserifar: „Ich hatte die deutsche Sprache mit Buch und Internet gelernt, bis ich in den Comedor kam. Jetzt bin ich besser in der Lage zu sprechen und zu verstehen.“

Alexandra Eichenauer-Knoll

 

Endlich wieder Wasser!

Seit Jahresbeginn 2017 hatten wir im Comedor del Arte kein Wasser. Es war aufgrund der tiefen, lang anhaltenden Temperaturen eingefroren. Die von der Hausverwaltung beauftragten Installateure hatten zwar versucht den Schaden zu beheben, allerdings vergeblich. Wir hatten zwar trotzdem Deutschkurse veranstaltet und die Leute trafen sich bei uns, aber es wurde schon langsam unerträglich schmutzig und sehr ungemütlich. Und mit Kübeln im WC Wasser nachspülen, ist auch kein Spaß…

Heute in der Früh sandte mir Franz die gute Nacht mit einem Foto per SMS. Das Foto zeigt Wasser, das aus dem Wasserhahn austritt und sich über gestapeltes, schmutziges Geschirr ergießt. Meine Freude war groß!

Vor dem Deutschkurs konnte ich also endlich wieder die Tafeln mit Wasser löschen und verkündete dann die gute Nachricht – in ein Diktat verpackt. Davor erklärte ich den an diesem Tag anwesenden neun SchülerInnen die einzelnen Satzzeichen, die ich mit diesem Diktat gleich üben wollten: Punkt, Beistrich, Doppelpunkt, Anführungszeichen-oben und -unten, Frage- und Rufzeichen sowie Klammer-auf und Klammer-zu.

Ich diktierte danach folgende Sätze und die jeweiligen Satzzeichen:
Franz Witzmann ruft: „ Hurra! Wir haben Wasser!“ Alexandra sagt: „Super! Jetzt können wir endlich wieder putzen!“ Was können wir noch machen? Wir können jetzt endlich wieder spielen, nähen, kochen und Tee trinken.“ (.. und Reza wird bald Computer installieren.)

Keine ganz leichte Übung, aber für die Fortgeschrittenen unter den DeutschkursschülerInnen eine gute Herausforderung. Danach habe ich den Text mit den entsprechenden Satzzeichen laut vorlesen lassen. Das Wort “Anführungszeichen“ auszusprechen bereitete den meisten Mühe. Jawad erkundigte sich nach einer kürzeren Entsprechung. Mir ist leider keine bekannt. In einem weiteren Schritt diktierte jeweils eine Person einer anderen an der Tafel stehenden Person die Sätze.

Nach der Pause haben wir wieder die Vergangenheitsbildung geübt. Das Perfekt ist eine große Herausforderung und doch für alle wichtig. Wie sollen wir uns jemals verständlich Geschichten erzählen, wenn wir nicht zwischen gestern und morgen, zwischen dem was war, und dem, was erst kommen wird, differenzieren können?

Diesmal übten wir DAF/DAZ-Fragekärtchen: Haben Sie schon einmal im Lotto gewonnen? Sind Sie schon einmal auf einem Kamel geritten? Usw.

Diese Aufgabe konnten wieder alle relativ gut mitüben. Ich bat jede Person, die Nennform des Verbes und auch das jeweilige Hilfszeitwort zu nennen. Dann überlegten wir, was die Frage bedeutet und welche Antwort mir die Befragten geben möchten? Es war recht lustig. Auf einem Kamel ist noch niemand geritten. Narges gruselte sich bei der Idee, eine Schnecke zu essen. Parwis wurde bei zwei Fragen sehr lebhaft. Er erinnerte sich daran, dass er schon einmal Geld auf der Straße gefunden hatte und auch daran, dass er schon einmal mehr als vier Kilo innerhalb einer Woche abgenommen hatte. In Amerika ist noch keiner meiner SchülerInnen gewesen. Allerdings erzählte Reza, dass er in seinem früheren Job einmal drei Wochen lang in Kuba gearbeitet hatte. Außerdem wurde ich belehrt, dass man als gläubiger Moslem sehr wohl Liebesgedichte an Frauen schreiben dürfe und dass es berühmte iranische Dichter gäbe, die solche Gedichte verfassen. Wie schön!

Alexandra Eichenauer-Knoll, 22. Februar 2017

Herr Khaled hat Arbeit gefunden

Mohammad Khaled ist 2014 von Syrien nach Österreich gekommen, sein Asylantrag wurde positiv entschieden und so konnte er seine Familie nachholen, mit der er nun seit bald 2 Jahren in Rainfeld lebt. Herr Khaled ist ausgebildeter Sportlehrer und hat sein Diplom in Geographie fast abgeschlossen, in Syrien war er 9 Jahre in einer Grundschule als Assistenzlehrer tätig.

Ich habe Herrn Khaled im Deutschkurs im Comedor del arte kennengelernt, damals hat er mit seiner Frau Maissa meinen Kurs besucht. Eines Tages hat mich Herr Khaled gefragt, ob ich ihm bei der Nostrifikation seiner Zeugnisse behilflich sein könnte, konkret handelte es sich um die Beantwortung eines Emails des BMWFW (Wissenschaftsministeriums). Nachdem alle seine Zeugnisse anerkannt wurden, habe ich mich bei diversen Institutionen und Behörden (u. a. BMWFW, Integrationsfonds, Diakonie) erkundigt, wo Herr Khaled mit seiner anerkannten Ausbildung denn nun arbeiten könnte. Dabei wurde ich an den Landesschulrat NÖ verwiesen, wo mir gesagt wurde, dass Herr Khaled sich bewerben solle (den Umgang mit den Behörden empfand ich übrigens äußerst positiv, ich hatte stets das Gefühl, dass meinem Anliegen mit echtem Interesse begegnet wurde).

Im Zuge meiner Recherchen auf der Homepage des Landesschulrates wurde ich schließlich auf eine weitere Stellenanzeige aufmerksam:

Mehrsprachige Mitarbeiter/innen für mobile Teams gesucht
Mit April 2016 startet eine neue, aus den Mitteln des „Integrationstopfes“ der Bundesregierung für das Jahr 2016 finanzierte Initiative des BMBF zur Unterstützung von Schulen bei der Integration von Flüchtlingskindern und –jugendlichen.
Dafür werden in ganz Österreich Mitarbeiter/innen mit psychosozialen Grundberufen und für die Tätigkeit zielgruppenspezifischen Sprachkenntnissen (v.a. Arabisch und Farsi) gesucht.

Also ermunterte ich Herrn Khaled, sich auch hier zu bewerben, obwohl seine Ausbildung nicht ganz den Anforderungen entsprach (es wurden PsychologInnen, SozialarbeiterInnen und SonderpädagogInnen gesucht) und schlug ihm vor, dabei behilflich zu sein.

Wir verfassten gemeinsam jeweils ein Bewerbungsschreiben für den Landesschulrat (Arbeit als Lehrer in einer Volks- oder Neuen Mittelschule) und für die Mobilen interkulturellen Teams. Umfangreich war dabei allerdings die Sortierung der Zeugnisse, Urkunden, Übersetzungen, Ausweise, Geburtsurkunden (auch die seiner Kinder!) – alles musste mitgeschickt werden, insgesamt enthielt die Bewerbung von Herrn Khaled über 20 Dokumente! Davon ließen sich die zuständigen Behörden jedoch nicht abschrecken und luden Mohammad Khaled zu einem Vorstellungsgespräch für die Mobilen Teams ein. Gleich nach dem Gespräch rief er mich an, um mir mitzuteilen, wie es verlaufen wäre und dass er ein gutes Gefühl hätte. Nun hieß es, sich zu gedulden, da erst in der darauffolgenden Woche mit einer Benachrichtigung zu rechnen wäre. Und siehe da- Herr Khaled wurde in die Mobilen Teams aufgenommen! Was für eine Freude, dass bereits eines seiner ersten beiden Bewerbungsschreiben von Erfolg gekrönt ist! Die Arbeitsstelle kam ihm sogar soweit entgegen, dass er während seines derzeit noch laufenden Deutschkurses (B1) teilzeitbeschäftigt ist und nach Beendigung des Deutschkurses Vollzeit arbeiten kann!

Herr Mohammad Khaled ist eines von vielen Beispielen einer erfolgreichen (und schnellen!) Integration, er war von Anfang an dahinter, die Sprache zu erlernen und möglichst rasch Arbeit zu finden.

Ich freue mich sehr für Herrn Khaled, dass er eine Stelle im Rahmen seiner Berufsausbildung und seiner Kompetenzen bekommen hat und bin stolz, dass ich ihn auf diesem erfolgreichen Weg begleiten durfte!

Herzlichst, Elfi Hasler

Fotos: Franz Witzmann