Hadi kommt aus Syrien und lebt nun schon seit über einem halben Jahr mit seiner Frau und der fünfjährigen Tochter in Hainfeld. Hadi hat als Koch in Syrien gearbeitet. Die Untätigkeit macht auch ihm zu schaffen.
Eines Sonntagnachmittags besucht er mich auf einen Sprung mit seiner Familie. Ich möchte mich ihnen widmen, aber reden ist mühsam. Besser wäre es also, etwas gemeinsam zu tun. Aber was?
Der Holler blüht. Ich beschließe, Hadi die Zubereitung von Hollersaft zu erklären. Holler wächst wie Unkraut, nicht nur in meinem Garten, sondern landauf und landab. Vielleicht ist diese Information für ihn nützlich. Ich lasse ihn zuerst riechen, damit er den feinen, zitronigen Geruch wahrnehmen kann und versteht, warum wir die Blüten zu Saft machen wollen. Der Geruch soll zum Geschmack werden.
Wir gehen durch meinen Garten und schneiden insgesamt 40 Blüten ab, die wir in einen Kübel legen. Hadi zählt mit, er kann gut zählen. Zurück in der Küche zeige ich ihm das Packerl mit Zitronensäure, nicht ohne ihn auch auf das Warnsymbol in Form eines X auf orangem Grund hinzuweisen – mit Zitronensäure muss man vorsichtig umgehen!
Wir wiegen 50g davon ab und geben sie zum Holler dazu. Dann bitte ich Hadi, drei Zitronen in Scheiben zu schneiden. Er ist mit meinem Messer unzufrieden, nimmt ein zweites und wetzt erstmal kräftig die beiden Messer, bevor er die erste Zitrone gekonnt mit einem Rundumschnitt von ihrer Schale befreit. Wer Hadi beobachtet, erkennt die Routine eines Profikochs. Ich schütte inzwischen vier Liter Wasser in den Kübel und gebe die drei in Scheiben geschnittenen Zitronen bei. Dann legen wir ein Tuch über den Kübel und lassen die Blüten stehen.
In zwei Tagen werde ich die Blüten entfernen, dem Saft drei Kilo Kristallzucker beimischen und das Ganze einmal aufkochen lassen. Franz wird mir helfen, den Dicksaft abzuseihen und in Flaschen zu füllen.
Wenn Hadi das nächste Mal in den Comedor del Arte auf Besuch kommt, kann er schon davon trinken.
Herzliche Grüße, Alexandra Eichenauer-Knoll
Fotos: Alexandra Eichenauer-Knoll und Franz Witzmann