Seit Jahresbeginn 2017 hatten wir im Comedor del Arte kein Wasser. Es war aufgrund der tiefen, lang anhaltenden Temperaturen eingefroren. Die von der Hausverwaltung beauftragten Installateure hatten zwar versucht den Schaden zu beheben, allerdings vergeblich. Wir hatten zwar trotzdem Deutschkurse veranstaltet und die Leute trafen sich bei uns, aber es wurde schon langsam unerträglich schmutzig und sehr ungemütlich. Und mit Kübeln im WC Wasser nachspülen, ist auch kein Spaß…
Heute in der Früh sandte mir Franz die gute Nacht mit einem Foto per SMS. Das Foto zeigt Wasser, das aus dem Wasserhahn austritt und sich über gestapeltes, schmutziges Geschirr ergießt. Meine Freude war groß!
Vor dem Deutschkurs konnte ich also endlich wieder die Tafeln mit Wasser löschen und verkündete dann die gute Nachricht – in ein Diktat verpackt. Davor erklärte ich den an diesem Tag anwesenden neun SchülerInnen die einzelnen Satzzeichen, die ich mit diesem Diktat gleich üben wollten: Punkt, Beistrich, Doppelpunkt, Anführungszeichen-oben und -unten, Frage- und Rufzeichen sowie Klammer-auf und Klammer-zu.
Ich diktierte danach folgende Sätze und die jeweiligen Satzzeichen:
Franz Witzmann ruft: „ Hurra! Wir haben Wasser!“ Alexandra sagt: „Super! Jetzt können wir endlich wieder putzen!“ Was können wir noch machen? Wir können jetzt endlich wieder spielen, nähen, kochen und Tee trinken.“ (.. und Reza wird bald Computer installieren.)
Keine ganz leichte Übung, aber für die Fortgeschrittenen unter den DeutschkursschülerInnen eine gute Herausforderung. Danach habe ich den Text mit den entsprechenden Satzzeichen laut vorlesen lassen. Das Wort “Anführungszeichen“ auszusprechen bereitete den meisten Mühe. Jawad erkundigte sich nach einer kürzeren Entsprechung. Mir ist leider keine bekannt. In einem weiteren Schritt diktierte jeweils eine Person einer anderen an der Tafel stehenden Person die Sätze.
Nach der Pause haben wir wieder die Vergangenheitsbildung geübt. Das Perfekt ist eine große Herausforderung und doch für alle wichtig. Wie sollen wir uns jemals verständlich Geschichten erzählen, wenn wir nicht zwischen gestern und morgen, zwischen dem was war, und dem, was erst kommen wird, differenzieren können?
Diesmal übten wir DAF/DAZ-Fragekärtchen: Haben Sie schon einmal im Lotto gewonnen? Sind Sie schon einmal auf einem Kamel geritten? Usw.
Diese Aufgabe konnten wieder alle relativ gut mitüben. Ich bat jede Person, die Nennform des Verbes und auch das jeweilige Hilfszeitwort zu nennen. Dann überlegten wir, was die Frage bedeutet und welche Antwort mir die Befragten geben möchten? Es war recht lustig. Auf einem Kamel ist noch niemand geritten. Narges gruselte sich bei der Idee, eine Schnecke zu essen. Parwis wurde bei zwei Fragen sehr lebhaft. Er erinnerte sich daran, dass er schon einmal Geld auf der Straße gefunden hatte und auch daran, dass er schon einmal mehr als vier Kilo innerhalb einer Woche abgenommen hatte. In Amerika ist noch keiner meiner SchülerInnen gewesen. Allerdings erzählte Reza, dass er in seinem früheren Job einmal drei Wochen lang in Kuba gearbeitet hatte. Außerdem wurde ich belehrt, dass man als gläubiger Moslem sehr wohl Liebesgedichte an Frauen schreiben dürfe und dass es berühmte iranische Dichter gäbe, die solche Gedichte verfassen. Wie schön!
Alexandra Eichenauer-Knoll, 22. Februar 2017