(Deutsch) Das Comedor del Arte – Fahrradprojekt

Sorry, this entry is only available in German. For the sake of viewer convenience, the content is shown below in the alternative language. You may click the link to switch the active language.

Wie sich wieder einmal Eins ins Andere fügte …

Ich gebe gemeinsam mit Uschi Berthold in der Unterbringung Klammgruberhof Lernbegleitung Deutsch für Menschen im Asylverfahren. Nach einem für die Menschen dort beschwerlichen Winter stieg mit den wärmeren Tagen auch der Wunsch nach selbstbestimmter Mobilität. Verständlich. Denn das Quartier liegt in der Einöde, acht Kilometer von Hainfeld entfernt, die Bustickets sind rar und müssen untereinander weitergereicht werden. Fahrräder würden da schon helfen.

Ich versprach also meinen SchülerInnen, mich um Fahrräder umzuschauen und begab mich im ersten Schritt auf die Gemeinde Hainfeld. Das Gemeindeamt fungiert schon seit längerem auch als Fundbüro. Gemeinsam mit der freundlichen, zuständigen Dame besichtigte ich den Keller des Rathauses. Dort lagern zahlreiche Fahrräder ohne BesitzerInnen. Allerdings wurde mir erklärt, dass diese Fahrräder zehn Jahre lang aufbewahrt werden müssen. Nach einem Jahr Lagerung dürfen sie verborgt werden, mit der Auflage, dass sie jederzeit wieder zurückgegeben werden können, falls sich der/die EigentümerIn meldet. Das konnte ich natürlich nicht versprechen. Nur die ältesten zwei Fahrräder konnte ich daher bedenkenlos mitnehmen. Und so schob ich diese, schon sehr patschert bereiften, Räder in unser Begegnungshaus Comeder del Arte.

Franz war darüber nicht begeistert. Was sollen wir mit diesen kaputten Rädern, die könne man gleich zum Müll bringen, meinte er sinngemäß. Da wir kein Auto zur Fahrradmontage oder einen Anhänger haben, fühlte ich mich schuldbewusst. Wie bringe ich das Klumpert jetzt wieder weg? Warum hatte ich die Räder überhaupt mitgenommen?

Da kam Salaad Maxamad, ein im Klammgruberhof wohnender, gebürtiger Somalier vorbei und ich zeigte ihm die Fahrräder. Und welche Überraschung: Er war begeistert! Die Reifen seien doch wie neu, meinte er in seinem, für mich sehr schwer verständlichen, Somali-Englisch. In diesem Moment wurde mir der große Unterschied zwischen uns verwöhnten EuropäerInnen und einem Menschen wie Salaad bewusst. Was wir wegwerfen, ist für ihn beinahe neuwertig! Motiviert ging ich also mit dem jungen Mann ins Kaufhaus Eichberger und kaufte ein Fahrrad-Reparaturset sowie alles, was er in diesem Moment noch gut brauchen konnte: Klebeband, Ölspray, Fahrradschloss und ein LED-Licht. Wenn schon, denn schon! Eine Fahrradpumpe fand sich im Comedor del Arte, die händigten wir ihm auch aus.

Im Handumdrehen – oder besser im Radumdrehen – hatte Salaad beide Räder in der Comedor-Küche repariert. Eines nahm er für sich, eines wollte er seinem syrischen Freund Ibrahim geben. Ich kaufte ihm an diesem Tag noch einen Helm, damit er auch wirklich sicher unterwegs ist.

Seit diesem Tag ist Salaad mein Ansprechpartner für Räder. Irgendwann erzählte er mir, dass er in Somalia auch Autos gefahren sei – ohne Führerschein allerdings, und ­– für mich noch viel erstaunlicher – ohne Türen und ohne Bremse!

Ich erzählte die Geschichte herum und bekam infolge tatkräftige Unterstützung vonseiten der Hainfelder Schwestern Elfi und Elisabeth Hasler, die noch zwei Räder sowie zwei Helme spendeten. (Elfi ist Obfrau des Vereins „Wir Hainfelder“ und Elisabeth ist seit der letzten Generalversammlung die zweite Rechnungsprüferin unseres Vereins.) Ein Kinderfahrrad stiftete ein anderer Freund. Salaad war also gut beschäftigt! Über die Freude eines ukrainischen Kindes, dem er das Kinderrad reparierte, erzählt er gerne. Es tut ihm sichtlich gut, etwas Sinnvolles zu tun und andere, kraft seines handwerklichen Geschicks, beschenken zu können. Inzwischen schaut er sich am St. Pöltner Flohmarkt nach Ersatzteilen um.

Ich habe nun im Deutschkurs eine Liste von Fahrrad-InteressentInnen aufgelegt und bin derzeit auf der Suche nach weiteren sieben Rädern. Schau ma mal…  Es ist ja auch ein Kommen und Gehen im Quartier. Ich weiß also nie, ob jemand in der nächsten Woche noch am Kurs teilnimmt oder schon fortgezogen ist. Trotzdem macht es Sinn, weiter nach Fahrrädern zu suchen.

Der Verein „Wir Hainfelder“ stellte uns inzwischen zum Ankauf gebrauchter Räder ein Budget von max. € 500,- zur Verfügung. Das Geld stammt aus dem Sozialprojekt des Weihnachtsteams. Danke vielmals!

Wenn auch Sie uns ein Fahrrad schenken wollen oder eines sehr günstig (max. € 50,-) abzugeben haben, dann melden Sie sich bitte. Helme, Warnwesten, Fahrradschlösser und LED-Lichter sich ebenfalls sehr willkommen!

Rufen sie mich an unter: 0664 / 1026798

Herzlichst, Alexandra Eichenauer-Knoll