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Digital Storytelling – ein Film über das Making of

 

Sonja Wessel hat bei uns heuer den Workshop „Digital Storytelling“ geleitet. Wir haben die aus Bayern stammende Medienkünstlerin letztes Jahr beim Mostviertelfestival kennengelernt und  waren von der Methode als auch von ihrer fürsorglichen und liebenswerten Art sofort begeistert. Die Technik des Digital Storytelling verbindet die uralte Tradition des mündlichen Geschichtenerzählens mit multimedialer Computertechnik. Eine kurze, auf die wesentliche Aussage reduzierte Geschichte, erzählt mit der eigenen Stimme des Autors, wird verstärkt durch die Verknüpfung mit Bildern und Musik. Die Bilder können aus dem Fotoalbum stammen oder auch speziell für die Geschichte fotografiert, gefilmt, gemalt oder aus anderen Quellen ausgesucht und gescannt werden. Durch ihre persönliche Perspektive, die audio-visuelle Verbindung und die Kürze des Film (3-5 Minuten) entsteht so eine ganz eigene, besondere Intensität und Kraft.
Wie vielfältig und aufwändig diese Arbeit ist, zeigt ein 11-minütiges Video, in dem Sonja Wessel das „Making Of“ der Filme erklärt, die im Comedor del Arte zwischen 24. und 28. Juli 2017 entstanden sind.
Die Filme des Workshops wurden anschließend auf dem Comedor-Kulturfest am 1. August 2017 im Kultursaal der Stadt Hainfeld gezeigt. Zum Schutz der Privatsphäre werden sie auf unserer Website nicht veröffentlicht. Bei Interesse zeigt Franz Witzmann sie aber gerne im Comedor her.

Sonja Wessel über ihren Zugang zum Digital Storytelling:
Nach elf Jahren als  Pädagogin in einer Kreativ-Werkstatt für Kinder und Jugendliche in Bayern suchte ich nach einer neuen Aufgabe und reiste ein Jahr durch die USA. Nicht wie erwartet in der Natur oder in der indianischen Kultur fand ich sie, sondern, zu meiner Überraschung, am Computer. Digital Storytelling faszinierte mich so sehr, dass ich diese multimediale Ausdrucksform zum neuen Berufsfeld machte und die Mobile Wirkstatt für Digitales Geschichtenerzählen gründete.
Digitale Geschichten berühren Herzen, inspirieren und schaffen Gemeinschaft!

Mehr Infos dazu gibt es auf ihrer Website:
http://www.medienwirkstatt.com/Stories.html

Danke an die Leader-Region, die diesen Workshop unterstützt hat!

Ein begeistertes Miteinander – Marianne Plaimer im Gespräch

Die Künstlerin und Pädagogin Marianne Plaimer war heuer zum zweiten Mal im Comedor del Arte und bot am 3. und 4. August 2017 ein Workshop an. Kinder und Erwachsenen bastelten wieder mit großer Begeisterung Figuren, sogenannte Avatare. Dabei kommen alte Kartons zum Einsatz, die verklebt und abschließend mit leuchtenden Acrylfarben bemalt werden. Zum Ende des Workshops stellte ich Marianne ein paar Fragen.

Liebe Marianne, wie war der Workshop im Vergleich zum letzten Jahr?

Marianne Plaimer: Die Arbeit im Comedor del Arte war für mich wieder sehr motivierend. Es ist schön zu sehen, wie engagiert hier alle zusammenarbeiten. Als ich ankam, lagen schon viele Materialien bereit, gesammelt von lieben Menschen. Schachteln und andere interessante Verpackungsmaterialien sind ja der „Grundstoff“ für die Avatare. Und auch heuer war ich wieder davon berührt, wie Erwachsene den Kindern beim Bauen der Figuren zur Seite standen oder selbst Avatare erschufen. Mohammed! Er macht das mit so viel Freude und Einfühlungsvermögen. Durch diesen Einsatz auch waren die Kinder bestens betreut und es ging um einiges leichter im Vergleich zum Vorjahr, als noch alles neu war.

Es war urheiß und trotzdem haben die Kinder sehr konzentriert gearbeitet, ist das normal?

Marianne Plaimer: Ja, ich glaube schon. Kinder sind so begeisterungsfähig. Sie sahen die Materialien, die verschiedenen Schachteln und Farbflaschen. Außerdem sahen sie das, was daraus entstehen kann – ich zeigte ihnen fertige Avatare –  und die Kinder wollten sofort loslegen. Die Hitze, so schien es, konnte sie da überhaupt nicht bremsen.

Haben sich deine Avatare weiterentwickelt? Du gibst ja auch etwas vor.

Marianne Plaimer: Die Vorgabe besteht darin, den Kindern bestimmte Materialien zur Verfügung zu stellen, aus denen sie eine Figur bauen dürfen, die für sie selbst stehen soll –  einen Avatar. In diesem Jahr sind wieder ganz andere Avatare entstanden. Eine Weiterentwicklung dieses Themas gibt es insofern, als dass es variiert wurde. Beeindruckend finde ich, dass die Kinder sich von den schon vorhandenen Figuren kaum beeinflussen ließen, vielmehr setzten sie ihre spontanen Ideen zielstrebig um, und die Ergebnisse sind super.

Was bleibt dir in Erinnerung?

Marianne Plaimer: Das Miteinander hier im Comedor, der respektvolle Umgang der Menschen untereinander, auch das Einwirken und die Mithilfe der hier ansässigen Menschen. Darüber berichte ich gern, wenn ich von unserem Avatar-Projekt hier erzähle.

Mohammad Ahmadi ist Schauspieler und arbeitet hier in Österreich auch sprachlich bedingt mit den Mitteln der Pantomime. Als er die große Raupe bemalte, dachte ich, vielleicht könnte er das mal für ein Theaterstück brauchen.

Marianne Plaimer: Jaaa! Und schon könnte eine neue Projektidee entstanden sein! Vielleicht entwickeln wir gemeinsam mit Mohammed und Hussein ein Projekt: bildende Kunst und darstellendes Spiel als Einheit. Die filmische Dokumentation dieses Prozesses wäre sehr spannend.

Die Fragen stellte Alexandra Eichenauer-Knoll.

Fotos: Franz Witzmann

 

Danke an die Leader-Region, die diesen Workshop unterstützt hat!

Das war unser Comedor del Arte Kulturfest!

Auf der Suche nach einem Präsentationsort für die Filme aus dem Workshop mit Sonja Wessel fragte Franz den Hainfelder Kulturstadtrat Norbert Scharaditsch, ob es möglich wäre, die Filme am 1. August im Kultursaal zu zeigen. Prompt und unkompliziert kam die Zusage.  Darauf entstand bei uns die Idee, doch gleich ein Kulturfest zu veranstalten und zu zeigen, was in den letzten einenthalb Jahren bei uns so alles passiert ist.  Und los ging´s!

Ich gestaltete Einladungen, und die sandten wir an offizielle Vertreter und alle Personen, mit denen wir in Kontakt stehen. In der Woche vor dem Fest wurde es dann intensiv. Die Musiker probten, im Filmworkshop wurde hart von Montag bis Freitag gearbeitet und drei afghanische Schauspieler, Mohammad Barbari, Mohammad Ahmadi und Hossein Rezaie, probten für ihr Theaterstück. Ich war vor allem damit befasst, alles mögliche für die Ausstellung zusammenzusuchen.

Am Vorabend des Festes bauten wir diese dann im Gang vor dem Kultursaal auf. Wir präsentierten die Ergebnisse der Nähworkshops – Taschen und Puppenkleider – sowie Basteleien, Kinderzeichnungen, die handwerklich perfekten Arbeiten von Ramazan Sadegi (einen selbst geflochtenen Weidenkorb und einen kleinen Teppich) und das ABC-Spiel mit den Zeichnungen von Somayeh Naserifar. Außerdem hängten wir eine Stellwand voll mit Zeitungsartikel über den Comedor, sowie eine weitere mit den Unterstützungserklärungen, die Franz so zahlreich für die Menschen vor dem Interview schreibt. Auch gab es Platz für eine Gemüsekiste vom Lebensgut Miteinander, unserem Kooperationspartner. Wir sind ja Verteilerstation der Gemüsekisten im Raum Hainfed. Auch die großen Avatare aus dem Workshop mit Marianne Plaimer wurden gut sichtbar präsentiert.

Dienstagfrüh dann letzte Vorbereitungen: Mitgliedsbeitrittserklärungen und Flyer auflegen, Spendenboxen aufstellen, Kuchen backen und vor allem Generalprobe um 10 Uhr. Sonja Wessel machte sich mit der Technik im Kultursaal vertraut.

Abends um halb sieben war es dann soweit. Die ersten, gut gelaunten Gäste erschienen. Eine halbe Stunde später war der Kultursaal gut gefüllt – trotz der großen Hitze und trotz des sommerlichen Termins. Etwas über  90 Personen, vor allem viele Einheimische, Förderer und mit Flüchtlingen befasste Menschen, nutzen die Gelegenheit, sich zu informieren und natürlich auch um sich zu unterhalten.

Franz begrüßte die Gäste. Neben dem Bürgermeister waren auch zahlreiche Stadt- und Gemeinderäte erschienen. Und auch andere für uns wichtige Personen. So war DI Petra Scholze-Simmel, die Geschäftsführerin des Leaderbüros in Kirchberg/Pielach, anwesend, ebenso wie Dr. Gertrude Eigelsreiter-Jashari, die Infomaterial über das Bildungs-und Heimatwerk Blickpunkt Deutsch auflegte. Am 5. September gibt es ja bei uns ein Seminar zum Thema Didaktik. Auch einige Mitarbeiterinnen der Rotkreuz-Tafel waren anwesend.

Bürgermeister Albert Pitterle sprach Grußworte im Namen der Stadt. Und er dankte Franz und mir zu dem großen Einsatz für Integration. Meine Aufgabe war es dann, mich bei allen Menschen zu bedanken, die uns bislang unterstützt hatten. Da das sehr viele sind, teilte ich sie in 6 verschiedene Gruppen. Diese wurden durch junge Männer mit Nummernschilder repräsentiert, die nach und nach zu mir auf die Bühne traten und meine Rede auch belebten.

Dann wurden Filme aus dem Medienworkshop, das von der deutschen Medienpädagogin Sonja Wessel im Comedor del Arte geleitet worden war, gezeigt. Zahlreiche Personen waren daran beteiligt, damit nach einer Woche intensiver Arbeit zwei filmische Selbstportraits in der Tradition des „Digital Story Tellings“ gezeigt werden konnten. Leonida Morar, ein elfjähriges Mädchen mit rumänischen Wurzeln und großer Familie erzählte über ihr Leben in Hainfeld und nutzte dabei auch die Technik des Zeichentricks. Ismael Mousawi, ein 34jähriges Mann aus Afghanistan, erzählte über die traumatische Erfahrung, seine Familie ohne Verabschiedung fluchtartig verlassen zu haben, über seine Hoffnungen und sein reales Leben in Hainfeld. Danach gab es eine Bildershow mit dem Making-Of, und Sonja Wessel erzählte dazu. Das war so spannend, dass ich sie bat, daraus doch noch einen Film zu machen. Wir könnten ihn auf die Website stellen. Ich hoffe, sie findet dazu noch Zeit, denn es ist wirklich sehr interessant zu sehen, wieviele Schritte es braucht, bis so ein Film fertig ist. Und auch, wie schwierig es ist, speziell mit Flüchtlingen so etwas zu machen, denn es braucht lange, bis die Geschichte zufriedenstellend ins Deutsche übersetzt ist.

Danach wurde ein Film aus dem letzten Jahr gezeigt, nämlich von Mohammad Ahmadi, der über sein Leben als Schauspieler und Regisseur in Afghanistan erzählte. Als Mitglied der Volksgruppe Hazara wurde er in Afghanistan leider zunehmend diskriminiert, als Künstler, der sich zum Schluss für Frauen in Gefängnissen eingesetzt hatte und das noch im Rahmen eines von Amerikanern finanzierten Projektes, wurde das Verbleiben in Afghanistan letztlich lebensgefährlich. Denn der Kontakt mit Frauen und Ausländern ist für die strengen Taliban ein Nogo. Nach dem Film ging dann die Leinwand hoch und wir sahen ihn und zwei Kollegen auf der Bühne. Das Stück hieß „Bushaltelle“. Ich denke, es war für viele Zuschauer auch ein eindrucksvoller Wechsel – zuerst den Film zu sehen und dann den Menschen, der sich im Film so persönlich dem Publikum geöffnet hatte, live in einem Theaterstück zu erleben.

Den Abschluss machte ein Musikstück. Ramazan Sadegi, der nicht nur handwerklich sehr geschickt ist, überdies ein engagierter Fußballer ist und ebenso engagiert sein Umfeld ermutigt, Deutsch zu lernen und zu sprechen, dieser liebe Mensch entpuppte sich auch als ein wirklich toller Sänger. Ich staunte nicht schlecht, wie er mit einem silberen Sakko und den schwarzen Lackschuhen von Franz auf der Bühne stand. Er sang uns ein indisches Lied – wieviele Sprachen die Menschen aus Afghanistan doch oft sprechen!  Begleitet wurde er durch den Musiker und Lehrer Mario Schagerl und seinen fleißigsten Comedor-Schüler, Farhad Mousawi.

Das Publikum zeigte sich sehr interessiert, oft auch überrascht und berührt. Es gab also genug Gesprächsstoff für einen entspannten Ausklang beim Buffet. Pardes und sein Küchenteam lieferten Bolanis aus der Comedor-Küche, Irina brachte ukrainische Vorspeisen und dann gab es noch ausreichend Kuchen von zahlreichen Spenderinnen. Mario Schagerl spielte mit 2 Kollegen entspannte Jazzmusik, was zusätzlich noch für lockere Stimmung sorgte.

Ich denke, es gab an diesem Abend viel Begegnung – zwischen Hiesigen und Zuagroasten, und auch zwischen Hiesigen, die sich bislang nicht gekannt haben. Zwei neue Personen deuteten an, dass sie am Deutschunterricht Interesse hätten. Ja, es gab überhaupt viele Anfragen, wie man helfen könne. Und auch die Taschen aus der Comedor-Nähstube wurden gut verkauft. Es war lustig zu sehen, wie sie die Besucher mit Freude trugen und wie die liebgewonnenen Stücke langsam ein neues Zuhause fanden.

Der Comedor del Arte versteht sich als Gestaltungs- und als Begegnungsgort. Wie lebendig Begegnung sein kann, das wurde an diesem Abend sehr gut spürbar!

Hainfeld, 3. August 2017

Alexandra Eichenauer-Knoll

PS: Großer Dank an Robert Steineck für die vielen schönen Fotos!

Glück oder Pech?

Der Verein „Wir Hainfelder“ veranstaltet jedes Jahr im Juni eine Lange Einkaufsnacht. Zahlreiche Attraktionen und Aktionen, Musik und Essen auf der Straße locken viele Menschen in die Stadt. Wir haben die Gelegenheit genutzt, unsere Taschen aus der Comedor-Nähstube zu präsentieren. Freundlicherweise konnten wir einen Ständer vor dem Nähcafe von Elisabeth Hasler aufstellen. Leonida Morar, die bei Cornelia Fuchs in der Nähstube nähen gelernt und inzwischen schon zehn Taschen selbst angefertigt hatte, half Franz beim Aufbau und war auch immer wieder anwesend, sofern sie nicht in der Volksschule beim Musical auftreten musste oder gerade in der Stadt herumflanierte. Man sieht sie auf dem Foto neben dem Ständer und Elisabeth Hasler, etwas schwarz im Gesicht von den Resten ihrer Fledermausschminke.

Elisabeth Hasler hatte auch das Strudlgewinnspiel mitorganisiert, das neben ihrem Geschäft verkauft wurde. In jedem Stück Strudel steckte ein Zahnstocher mit einem kleinen Zettel, der entweder einen vertröstenden Spruch zum Thema Glück oder ein Gewinn enthielt. Ich habe vor dem Nachhausegehen noch sechs Strudel gekauft. Mit den Losen wollte ich am darauf folgenden Samstag den ABC-Kurs im Comedor gestalten.

Und so kams. Nachdem wir ein wenig gelesen hatten, verteilte ich die Lose. Die erste war Raziyeh. Sie las vor und gab dann den Zettel weiter, damit alle anderen auch den Text lesen konnten. Danach erklärte ich den Inhalt und schrieb Wörter für das Vokalheft auf. Es ist mir jetzt sehr wichtig, dass die Schüler/innen ein Vokabelheft verwenden und auch dessen Sinn verstehen. Und so ging es reihum, jeder las den Zettel und wir besprachen dann den Inhalt.

Es war – wie nicht anders zu erwarten – eine lustige Stunde. Und ich hoffe, alle haben verstanden, was die Wörter Glück und Pech zu bedeuten haben. Raziyeh, die als erste vorgelesen hatte, wurde mit dem Satz: „Der Weg zum Glück ist der nächste Versuch” vertröstet. Nicht leicht zu verstehen. Aber sehr bedeutsam für jemanden, der darauf hofft, in Österreich Asyl zu bekommen und schon einmal abgelehnt worden ist. Die nächsten beiden Schüler hatten Glück. Nasibe zog einen Gutschein für Haargenau Angi, den Frisörladen und Asadullah darf sich bei Maler Meier ein Geschenk abholen. Ali, den ich an diesem Tag erst kennengelernt hatte, ein charismatischer, junger Mann, las jenen Satz vor, mit dem wir uns alle gerne vertrösten: „Pech im Spiel, Glück in der Liebe“. Ich denke, er hat sich darüber gefreut. Isamel hatte wieder das Glück, einen Sofortgewinn in Hainfeld zu bekommen. Er darf sich im Autohaus Grabner etwas abholen. Ich witzelte und meinte, ein Auto werde es wohl nicht sein. Er lachte. Der Letzte, der ein Los bekommen hatte, war Mohammad und auch er hatte Glück und bekam einen Gutschein für das “Wiazhaus“, ein schönes Gasthaus mit angeschlossener Greisslerei etwas außerhalb von Hainfeld. Also in Summe keine schlechte Ausbeute aus meinem Strudlankauf und eine gute Gelegenheit, etwas Abwechslung in den Unterricht zu bringen.

Da Mohammad nicht wusste, wo das ”Wiazhaus“ lag, bin ich dann hingefahren und habe ihm den Gewinn, ein Glas Marmelade und ein Glas Honig, abgeholt und in sein Quartier gebracht. Er wohnt relativ abgelegen mit seiner Familie. Während des Besuchs zeigte mir seine jüngere Schwester Pawana einige Basteleien aus Papier, die sie selbst erfunden hatte. Ich staunte über einen kompliziert gesteckten Fisch und ein Blumensträußchen. Sehr hübsch und sehr geschickt gemacht. Ich dachte bei mir, wir sollten wieder mehr basteln, es gibt so viele talentierte Kinder im Umfeld des Comedors del Arte.

Und so kommt fließend eins ins andere, der Ständer vor dem Geschäft mit unseren Taschen, daneben die Strudel mit den bunten Losen, am nächsten Tag der ABC-Kurs und dann der Besuch bei der Familie von Mohammad. Die Arbeit für den Comedor del Arte gestaltet sich oft so, es ergibt sich vieles wie von selbst, man muss nur dem folgen, das sich als nächstes auftut, einfach tun.

Einen schönen Sommer wünscht Alexandra Eichenauer-Knoll

Musik ist eine eigene Sprache.

Mario Schagerl ist Gitarrist und Lehrer an der Musikschule Hainfeld. Seit Dezember 2016 unterrichtet der 27jährige Künstler ehrenamtlich Donnerstag von 14.00 – 15.30 Uhr im Comedor del Arte. Alexandra Eichenauer-Knoll traf sich mit ihm vor dem Gitarreunterricht, um ihn nach seinen Erfahrungen und Eindrücken zu befragen.

Lieber Mario, wie war dein Eindruck von der ersten Stunde? Kannst du dich noch erinnern?
Mario Schagerl:
Am Anfang war es ein bisschen chaotisch, da war ein Kommen und Gehen, mal hat der gespielt, dann der… Das hat es schwer gemacht, ein Konzept durchzubringen. Aber es war lustig, es war sehr lebendig. Am Anfang waren 8 bis 9 Leute da mit unterschiedlichen Niveaus und Alter – vom Kindergarten- bis zum Erwachsenenalter.

Du bist also offensichtlich chaosresistent. Wie hat es sich dann weiterentwickelt?
Mittlerweile hat sich eine kleine Gruppe herausgebildet, die jede Woche kommt. Das sind 2-4 Personen, Aref, Farhad, Ramazan und Mostaba. Das ist die Kerngruppe.

Wie spielt sich so eine Unterrichtseinheit ab?
Das kommt immer darauf an. Ich überlege mir Lieder, dann fangen wir meistens an mit Gitarre stimmen nach Gehör und Rythmusübungen. Das Augenmerk ist auf Begleitung und Akkordspiel und natürlich Spaß haben am gemeinsamen Musizieren.

Die Schüler haben alle eine Gitarre?
Es sind alles Leihinstrumente, die Franz großteils organisiert hat. Die Schüler, die regelmäßig kommen, haben alle eine Gitarre, mit der sie auch zu Hause üben können.

Machen deine Schüler Fortschritte?
Ja, sie machen sogar große Fortschritte. Sie haben natürlich auch viel Zeit zum Üben. Fahad ist sehr wissbegierig, fragt immer nach. Und Aref hat eine besonders schöne Stimme. Wenn sie zu zweit spielen und Aref singt Geschichten in seiner Muttersprache Farsi, dann klingt das schon total schön. Sie können dafür ja ein Akkordgerüst eines anderen Liedes verwenden. Eigentlich improvisieren sie und Aref erzählt spontan eine Geschichte. Das ist sehr schön zum Zuhören, auch wenn man es nicht versteht, es ist berührend. Darum geht es ja in der Musik. Musik ist eine eigene Sprache. Das hab ich auch in Amerika gesehen: auch wenn man sich nicht versteht, spielen kann man immer miteinander.

Welche Lieder spielt ihr?
Wir spielen quer durch, Knocking on heavens door z. B., die Red Hot Chili Peppers, also Großteils englische Sachen.

 Der Gitarreunterricht wird also nicht zum Deutsch lernen verwendet?
Wir machen ihn ja auf Deutsch, aber im Unterricht geht es mehr um das Akkordgerüst des Liedes, weniger um den Text.

Wie funktioniert der Unterricht in Deutsch? Ist es leicht, sich verständlich zu machen?
Es ist schon herausfordernd, weil gewisse Wörter auch sehr speziell sind, das muss man dann mit Händen und Füßen rüberbringen. Das letzte Mal hab ich ihnen z. B. erklären wollen, wie man einzählt. Also dass man in dem Tempo einzählt, in dem dann das Stück gespielt wird. Da bin ich an meine Grenzen gestoßen. Sie sagen rasch ja, ja , verstehen es aber nicht. Auch einen Auftakt zu erklären ist nicht einfach. Das ist aber auch für Deutschsprachige nicht so logisch. Darum spielen wir einfach viel mehr nach Gefühl und weniger nach Noten.

Können die Schüler Noten lesen?
Alle vier Teilnehmer aus der jetzigen Kerngruppe konnten keine Noten lesen. Wir haben also die Grundanforderungen durchgemacht. Wobei Noten lesen für mich jetzt nicht unbedingt die Voraussetzung ist, um Musik zu machen. Es kommt ja auch darauf an, was man mit der Musik machen will.

Wir sind dir sehr dankbar für dein Engagement hier im Comedor und dass du so viel Zeit, Professionalität und Musikalität einbringst. Und deine Schüler lieben dich ohnehin. Wie stehst du zum Projekt Comedor del Arte generell?
Ich finde den Gedanken einfach super, dass es Menschen gibt wie Franz, einer der unendlich viel Zeit und Energie investiert und den Leuten sehr viel weiter hilft. Ich finde es toll, dass hier jeder willkommen ist. Das war ja am Anfang auch im Kurs so, da kamen Hainfelder und ganz normale Hauptschulkinder.

Interessant ist, dass vier junge Männer so konsequent dabei geblieben sind. Alle sind noch in der Warteschleife – im Asylverfahren.
Sie wissen es wahrscheinlich am meisten zu schätzen. Und sie haben auch die meiste Zeit, um zu üben. Man merkt, wie dankbar sie sind, wenn man sich mit ihnen beschäftigt.

Wie bist du eigentlich zum Gitarrespielen gekommen?
Das ist eine lustige Geschichte. Wir waren am Bauernhof meiner Oma und meine Cousine wollte Gitarre spielen lernen. Mein Vater zeigte ihr ein paar Griffe. Das hat mich so fasziniert, dass ich dann auch angefangen habe. Damals war ich schon in der zweiten Klasse Hauptschule. Das war also eigentlich ein Zufall, obwohl mein Vater ja ein Profimusiker ist und ich das Musikantenleben schon als Kind mitbekommen habe. Zu Weihnachten und zu den Familienfesten ist immer gesungen worden.

Zur Person: Mario Schagerl ist 1990 in Lilienfeld geboren und in St. Veit aufgewachsen. Er hat bei der Firma Neumann die Werkstoffprüferlehre absolviert. Nachdem er also etwas „Anständiges“ gelernt hatte, durfte er dann am Vienna Music Institut Instrumental- und Gesangspädagogik, sowie E-Gitarre auf Konzertfach studieren. Nach dem Abschluss im Jahre 2014 verbrachte er ein weiteres Studienjahr am Berklee College of Music in Boston. Heute unterrichtet er an der Musikschule Hainfeld Gitarre und macht bei verschiedenen Bandprojekten mit (Perfect Mood bietet Unterhaltungs- und Tanzmusik, ein weiteres Projekt hat sich auf Eigenkompositionen spezialisiert)

Fotos: Franz Witzmann

Besuch im Hainfeld Museum

Am Samstag, den 20. Mai  2017, fand im Hainfeld Museum eine Sonderveranstaltung mit dem Titel „Frühling im Museum“ statt. Wir nutzten die Gelegenheit, um mit unseren Deutschschülerinnen und -schülern das Museum zu besuchen. Ich selbst bin diesem Ort  ja sehr verbunden, da ich das Museumskonzept gemeinsam mit der Historikerin Margarete Kowall entwickelt habe und auch für das Projektmanagement bis zur Eröffnung im Oktober 2014 verantwortlich war.

Insgesamt 11 Personen nutzten das Angebot, etwas über die Geschichte Hainfelds zu lernen. Margarete Kowall führt uns durch die Ausstellung. Von den ältesten Steinen aus der Zeit, wo in Hainfeld noch ein Meer war bis hinauf in das 20. Jahrhundert und die beiden Weltkriege führte die Reise durch die Vergangenheit Hainfelds. Auch im Raum, wo der Einigungsparteitag der Sozialdemokratischen Partei erklärt wird, machten wir einen Stop. Margarete Kowall erzählte uns über die sozialen Errungenschaften, zum Beispiel dass es auch früher bei uns Kinderarbeit gegeben habe.

Ramazan, der schon sehr gut Deutsch spricht, dolmetschte immer wieder für die Gruppe. Zurück im Comedor del Arte, sagte er zu Franz Witzmann: „Die Ausstellung war sehr interessant. Ich habe viel über Hainfeld gelernt.“ Wir werden sicher wieder einmal das Hainfeld Museum besuchen!

Alexandra Eichenauer-Knoll

Ein Film für den HLW-Zukunftstag

Derzeit läuft der Film „Die Zukunft ist besser als ihr Ruf“ der österreichischen Filmemacherin Teresa Distelberger in den heimischen Kinos. Darin werden sechs Personen portraitiert, die statt zu klagen lieber die Ärmel aufkrempeln und etwas tun. Menschen, die sich z. B. für lebendige politische Kultur, für nachhaltige Lösungen bei Essen und Bauen, für Klarheit im Denken über Wirtschaft oder für soziale Gerechtigkeit engagieren. Da Teresa Distelberger einmal Schülerin der HLW St. Pölten gewesen war, ergab es sich, dass sie dort gemeinsam mit den SchülerInnen zu diesem Themenkreis auch das Projekt „Zukunftstag“ entwickelte, der am 6. April 2017 stattfand. In Vorbereitung dessen wurden die SchülerInnen aufgefordert, in kleinen Teams selbst Menschen zu portraitieren oder wenn möglich auch zu filmen.

Die Hainfelderin Julia Dürr stellte ein Team zusammen, um einen Kurzfilm über Franz Witzmann und Alexandra Eichenauer-Knoll als den Betreibern des Hainfelder Begegnungshauses „Comedor del Arte“ zu machen. Sie war auf unser Projekt im Advent 2016 beim Kreativmarkt aufmerksam geworden, wo der „Comedor del Arte“ Tee und internationale Speisen verkaufte. Das ehrenamtliche Engagement begeisterte sie.

Und so kam es, dass eines Tages vier höchst sympathische junge Frauen, ausgestattet mit Kamera und Fotoapparat, in der Bahnstraße 1/G3 auftauchten und nicht nur uns die Projektbetreiber, sondern auch einige anwesende junge Männer vor die Kamera baten.

Am Zukunftstag der HLW in St. Pölten wurde der Film 
präsentiert. 
Im Bild v. li. : Daniela Lurger, Julia Dürr, Alexandra Eichenauer-Knoll, Viktoria Gattinger und Hanna Nemeth.
Foto: Andreas 
Reichebner/HLW

Hier ist der Link zum Film.

Ein Ort, um voneinander zu lernen.

Diesem Leitsatz möchte die Nähstube folgen. Er ziert auch jede im Comedor gefertigte Tasche: Ein Ort, um voneinander und miteinander zu lernen, ein sorgsamer und verständnisvoller Umgang miteinander, sich unterstützen und in eine wertvolle und wertschätzende Kommunikation miteinander treten, einander kennenlernen, ein gemeinsames Ziel verfolgen, Kritik annehmbar und auf Augenhöhe formulieren und dem Gegenüber dabei ein Gefühl von Wertschätzung vermitteln.
Und dabei noch Freude haben und etwas Sinnvolles tun.
Das soll die Nähstube sein.

 
An einem Samstag hatten wir zwei „Zuschauerinnen“, die beide an diesem Tag nicht nähen konnten und uns deshalb als moralische Unterstützung begleiteten.

Was sich daraus entwickelte war toll! Denn aus den Zuschauerinnen wurde bei Fertigstellung einer jeden Tasche ein begeistertes Publikum. So kam es, dass jede Tasche Applaus erhielt und die Produzentin für kurze Zeit wie eine berühmte Schauspielerin auf dem roten Teppich im Mittelpunkt stand. Einmal im Mittelpunkt stehen und von allen Seiten Lob bekommen. Das gibt Auftrieb.

Ich habe bei diesem Treffen einige Fotos gemacht und später den Taschen einen Anhänger verpasst. Auf diesem Anhänger ist ein Foto der Näherin zu sehen. Mir hat die Idee ganz gut gefallen. Sie macht die Tasche ein Stück weit persönlicher. Doch die Reaktion der Näherinnen, hat mich ernsthaft überwältigt. Denn beim nächsten Treffen, als die fleißigen Näherinnen die Taschen mit ihren Bildern darauf sahen, waren sie unglaublich begeistert. Nasibe ist gleich losgelaufen, hat ihren Mann geholt und ihm den Anhänger ganz stolz gezeigt. Dann hat sie Zahra gebeten, ihr ein Foto von der fertigen Tasche mit dem Foto-Anhänger zu machen. Es war spürbar, was für eine besondere Sache diese Art von Ehrung für die fleißige Näherin war.

Es ist schön, an solchen besonderen Momenten teilhaben zu dürfen.

Cornelia Fuchs,
Leiterin des Projekts Nähstube im Comedor del Arte

PS: Sie können an den Nähstuben-Samstagen gerne vorbeikommen und mitnähen für unser Taschenprojekt. Denn wir möchten die Taschen zur Finanzierung des Comedor del Arte verkaufen. Sie können aber auch nur zuschauen oder die Taschen anschauen  – vielleicht gefällt ihnen ja eine so gut, dass Sie sie gleich ankaufen möchten.

Danke an die Leader-Region, die dieses Projekt unterstützt!

Wörter lernen mit dem Comedor-Memory

Seit Bestehen des Comedor del Arte in Hainfeld werden Deutschkurse abgehalten, derzeit an drei Tagen in der Woche. Das Niveau der Schüler ist unterschiedlich, manche können Englisch und somit auch relativ problemlos lesen und schreiben. Für viele ist das Alphabet allerdings fremd.

Seit Dezember 2016 biete ich daher zusätzlich einen ABC-Kurs an, für den ich eigene Leseblätter mit Wörtern, kurzen Sätzen und Übungen entwickelt habe. Denn Bücher sind teuer und bis auf wenige Personen ist der Kurs einer starken Fluktuation ausgesetzt. Da der Kurs Samstag nachmittag stattfindet, kommen auch häufig Besucher von auswärts dazu. Die Stunde soll also auch funktionieren, wenn jemand nur einmalig anwesend ist.

Gemeinsam mit der iranischen Sozialpädagogin Somayeh Naserifar entstand nun die Idee, die Wörter spielerisch mit Memorykarten zu üben. Frau Somayeh ist eine begabte Zeichnerin und entwickelte hübsche Vorlagen, die kopiert und auf Blankokarten geklebt worden sind. So kann das Spiel auch beliebig vervielfacht werden. In einer Deutschstunde wurden die Karten bereits ausprobiert und für unterschiedliche Aufgabenstellungen genutzt. Ich kann das Lernsystem also auch in einer normalen Deutschstunde, wie sie unter der Woche stattfindet, gut gebrauchen.

Das Projekt ist ein weiteres Beispiel für das kreative Potential der Menschen, das im Begegnunghaus Comedor del Arte entdeckt und genutzt werden kann. Die Künstlerin selbst ist über die Ermutigung erfreut und motiviert. Zu den Deutschkursen meint Frau Naserifar: „Ich hatte die deutsche Sprache mit Buch und Internet gelernt, bis ich in den Comedor kam. Jetzt bin ich besser in der Lage zu sprechen und zu verstehen.“

Alexandra Eichenauer-Knoll

 

Chahar Wali oder Vier ist König

Es ist wieder einmal Ostersonntagmorgen. Ali und Aref besuchen wie fast jeden Sonntag die Heilige Messe in Hainfeld und kommen dann in den Comedor del Arte, um zu putzen. Das tun sie freiwillig und gerne. Die beiden Männer wollen in der langen Zeit des Wartens einfach etwas Sinnvolles tun. So wie sie auch schon seit längerem die Abfälle entlang der Straße, von ihrem Quartier im Klammgruberhof Richtung Hainfeld gehend, aufsammeln und in Müllsäcke füllen. Franz hat ihnen für dieses Ehrenamt orange Warnwesten besorgt, damit sie sicherer unterwegs sind.

Nachdem sie sonntags geputzt haben, melden sie sich meistens bei Franz mit der Bitte, sie nach Hause zu fahren. Sie habe noch immer keine Fahrräder (Apropos: Wir freuen uns immer über Fahrradspenden und suchen auch Fahrradständer!). Gelegentlich bringt sie Franz dann zu uns nach Hause und wir verbringen einen halben Tag gemeinsam – essen, spielen und reden über ihren Kirchenbesuch, ihre Träume und auch ihre Albträume. So auch diesen Ostersonntag 2017. Aus einem Osterfrühstück mit lustigem Eierpecken – eine Sitte, die man übrigens auch in afghanischen Familien pflegt – wurde ein improvisiertes Mittagessen. Karim bereitete den Reis zu, Ali eine Spinatspeise, mein Sohn Max ein wesentlich milderes Wokgemüse und ich begnügte mich damit, ganz entspannt geschnittene Paprika ins Rohr zu schieben.

Nach dem Essen wollten wir an diesem verregneten Sonntag Karten spielen. Eigentlich planten wir eine Runde Jolli, aber Ali zeigte uns ein Spiel in seiner Tradition mit großen Ähnlichkeiten zu den uns bekannten Kartenspielen: „Chahar Wali“, wir übersetzten es mit „Vier ist König“.

Ich finde diese Variante sehr kurzweilig und einfach zu erklären. Das Spiel eignet sich sicher auch gut für unsere Besucher im Comedor del Arte. Darum möchte ich „Chahar Wali“ jetzt an dieser Stelle erklären:

Chahar Wali oder Vier ist König

Spieler: 2-6
Je nach Spieleranzahl braucht man Jollikarten in nur einer Farbe oder beide Päckchen.

Jeder Spieler bekommt 13 Karten. Der Rest wird zugedeckt auf den Tisch gelegt. Es geht reihum, jeder Spieler nimmt eine Karte und muss eine Karte ablegen. Man kann eine Karte vom zugedeckten Stapel ziehen oder die offen abgelegte Karte des Vorderspielers aufnehmen.
Alle Spieler haben also immer 13 Karten in der Hand. Die Karten bleiben bis zum Schluss in der Hand und für die anderen Spieler unbekannt. Wer die Karten als erster und auf einmal runterlegen kann, gewinnt.

Wann darf man die Karten auf den Tisch legen?
Gesammelt werden entweder Familien bestehend aus mindestens 3 Karten in einer Farbe oder gleiche Karten unterschiedlicher Farbe (z.B. eine Fünf in Herz, Karo und Pique). Das As folgt nach dem König oder steht vor der 2. Wichtig ist nur, dass mindestens eine Familie beim Ablegen aus 4 Karten besteht.

Beispiel 1: 3-4-5-6- in Karo und drei Dreierfamilien. (Bub-Dame-König und As-As-As und 5-5-5)
Beispiel 2: 8-9-10-Bub-Dame-König-As und zwei Dreierfamilien
Eine Karte (die 14te) braucht man zum Zudrehen.

Viel Spaß!

Alexandra Eichenauer-Knoll

PS: Vielleicht kommen Sie ja auch einmal im Comedor vorbei und spielen eine Runde mit?

Slovenian Global Action

Am 6. April waren Herbert Langthaler von der Asylkoordination und ich zu einem Workshop von 30 verschiedenen NGO’s in Slowenien eingeladen, um über Integration in Österreich zu referieren. Organisiert wurde dieses Meeting vom Legal-informational centre for nongovernmental organisations – PIC.
Herbert hat Zahlen, Fakten und Hintergrundinformation geliefert und ich durfte unser Projekt Comedor del Arte als ein Beispiel von vielen zivilgesellschaftlichen Initiativen in Österreich präsentieren.
Die Herausforderung bei dieser Präsentation war, dass einerseits die Einladung sehr kurzfristig erfolgt ist und auf der anderen Seite die Vortragssprache Englisch war.
Dank der Unterstützung von Alexandra, die meinen englischen Text sorgfältig korrigiert und mir wertvolle Tips gegeben hatte, gelang es mir dann, unser Projekt klar und verständlich zu präsentieren.
Laut Stand vom 27.2.2017 hat Österreich rund 70.000 Flüchtlinge, die sich in der Grundversorgung befinden. Slowenien hat rund 200 registrierte Flüchtlinge.
Die ZuhörerInnen waren deshalb sehr interessiert, wie in Österreich mit dieser Herausforderung umgegangen wird. Es wurden Fragen gestellt und es gab auch nach dem Vortrag noch viele Gespräche und interessanten Gedankenaustausch.
Am Freitag haben wir den Vormittag vor der Heimfahrt noch für einen Stadtrundgang in Ljubljana genutzt.

Der Vortrag in englischer Sprache steht hier zum Download bereit!

Liebe Grüße, Franz Witzmann

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Tuwas-Abschlussfilm

Am 3. März fand am Lebensgut Miteinander in Rohrbach das große Abschlussfest des Tuwas-Sozialfestivals statt. Zu diesem Anlass wurde auch der Tuwas Film präsentiert. Der Comedor del Arte wird in diesem Film gleich als erstes Projekt vorgestellt. Zu sehen ist eingangs das Workshop mit Julia Dossi zum Thema Collage, das am Drehttag stattfand.  Außerdem können Sie Ghazi Hares, unseren Arabischlehrer, kennenlernen. Und natürlich kommt Franz Witzmann zu Wort, dessen Herzenswunsch – ein Begegnungshaus zu leiten – durch das Sozialfestival Wirklichkeit geworden ist. Er sagt im Film: „Eine Hauptmotivation sind die Begegnungen. Es ist immer wieder schön und belebend, mit Menschen in Kontakt zu kommen, Näheres über ihr Leben zu erfahren und auch von ihnen zu lernen, sich auszutauschen.“

Hier gehts zum Film

https://www.youtube.com/watch?v=9trrSHM7WRg

Willkommen in der Nähstube!

Die Nähstube im ersten Stock des Comedor del Arte kann zu den Öffnungszeiten des Comedors unentgeltlich benutzt werden. Voraussetzung: Nähmaschinenkenntnisse und sorgsamer Umgang mit allen Werkzeugen und Hilfsmitteln

Einmal im Monat an einem Samstag  wird unter der Leitung von Cornelia Fuchs in der Nähstube zu einem speziellen Thema genäht. Wir freuen uns über Helfer und Helferinnen, die uns beim Nähen von Produkten für den Comedor del Arte unterstützen möchten. Diese sollen dann verkauft werden, um das Betreiben des Hauses zu finanzieren (z. B. Einkaufstaschen).
Cornelia Fuchs dazu: „Ein Ort um voneinander und miteinander zu lernen, ein sorgsamer und verständnisvoller Umgang miteinander, sich unterstützen und in eine wertvolle und wertschätzende Kommunikation miteinander treten, einander kennenlernen, ein gemeinsames Ziel verfolgen, Kritik annehmbar und auf Augenhöhe formulieren und dem Gegenüber dabei ein Gefühl von Wertschätzung zu vermitteln. Und dabei noch Freude haben und etwas Sinnvolles tun. Das soll die Nähstube sein!“

Die nächsten Nähstuben-Samstage mit Cornelia Fuchs sind:

01 Juli 2017, 14.00 – 18.00 Uhr:  Ferienspiel Puppenkleider nähen
22. Juli 2017, 14.00 – 18.00 Uhr: Ferienspiel Puppenkleider nähen
19. August 2017, Beginn: 14.00 Uhr
2. September 2017, Beginn: 14.00 Uhr
7. Oktober 2017, Beginn: 14.00 Uhr
4. November 2017, Beginn: 14.00 Uhr
2. Dezember 2017, Beginn: 14.00 Uhr

PS: Danke an die Sinnstifter des Tuwas-Sozialfestivals, die uns den Ofen in der Nähstube mitfinanziert haben!

Am ersten April 2017 wurde die Nähstube eröffnet. An diesem Nachmittag wurden 14 Taschen angefertigt! Hier einige Fotos von diesem Tag.

Endlich wieder Wasser!

Seit Jahresbeginn 2017 hatten wir im Comedor del Arte kein Wasser. Es war aufgrund der tiefen, lang anhaltenden Temperaturen eingefroren. Die von der Hausverwaltung beauftragten Installateure hatten zwar versucht den Schaden zu beheben, allerdings vergeblich. Wir hatten zwar trotzdem Deutschkurse veranstaltet und die Leute trafen sich bei uns, aber es wurde schon langsam unerträglich schmutzig und sehr ungemütlich. Und mit Kübeln im WC Wasser nachspülen, ist auch kein Spaß…

Heute in der Früh sandte mir Franz die gute Nacht mit einem Foto per SMS. Das Foto zeigt Wasser, das aus dem Wasserhahn austritt und sich über gestapeltes, schmutziges Geschirr ergießt. Meine Freude war groß!

Vor dem Deutschkurs konnte ich also endlich wieder die Tafeln mit Wasser löschen und verkündete dann die gute Nachricht – in ein Diktat verpackt. Davor erklärte ich den an diesem Tag anwesenden neun SchülerInnen die einzelnen Satzzeichen, die ich mit diesem Diktat gleich üben wollten: Punkt, Beistrich, Doppelpunkt, Anführungszeichen-oben und -unten, Frage- und Rufzeichen sowie Klammer-auf und Klammer-zu.

Ich diktierte danach folgende Sätze und die jeweiligen Satzzeichen:
Franz Witzmann ruft: „ Hurra! Wir haben Wasser!“ Alexandra sagt: „Super! Jetzt können wir endlich wieder putzen!“ Was können wir noch machen? Wir können jetzt endlich wieder spielen, nähen, kochen und Tee trinken.“ (.. und Reza wird bald Computer installieren.)

Keine ganz leichte Übung, aber für die Fortgeschrittenen unter den DeutschkursschülerInnen eine gute Herausforderung. Danach habe ich den Text mit den entsprechenden Satzzeichen laut vorlesen lassen. Das Wort “Anführungszeichen“ auszusprechen bereitete den meisten Mühe. Jawad erkundigte sich nach einer kürzeren Entsprechung. Mir ist leider keine bekannt. In einem weiteren Schritt diktierte jeweils eine Person einer anderen an der Tafel stehenden Person die Sätze.

Nach der Pause haben wir wieder die Vergangenheitsbildung geübt. Das Perfekt ist eine große Herausforderung und doch für alle wichtig. Wie sollen wir uns jemals verständlich Geschichten erzählen, wenn wir nicht zwischen gestern und morgen, zwischen dem was war, und dem, was erst kommen wird, differenzieren können?

Diesmal übten wir DAF/DAZ-Fragekärtchen: Haben Sie schon einmal im Lotto gewonnen? Sind Sie schon einmal auf einem Kamel geritten? Usw.

Diese Aufgabe konnten wieder alle relativ gut mitüben. Ich bat jede Person, die Nennform des Verbes und auch das jeweilige Hilfszeitwort zu nennen. Dann überlegten wir, was die Frage bedeutet und welche Antwort mir die Befragten geben möchten? Es war recht lustig. Auf einem Kamel ist noch niemand geritten. Narges gruselte sich bei der Idee, eine Schnecke zu essen. Parwis wurde bei zwei Fragen sehr lebhaft. Er erinnerte sich daran, dass er schon einmal Geld auf der Straße gefunden hatte und auch daran, dass er schon einmal mehr als vier Kilo innerhalb einer Woche abgenommen hatte. In Amerika ist noch keiner meiner SchülerInnen gewesen. Allerdings erzählte Reza, dass er in seinem früheren Job einmal drei Wochen lang in Kuba gearbeitet hatte. Außerdem wurde ich belehrt, dass man als gläubiger Moslem sehr wohl Liebesgedichte an Frauen schreiben dürfe und dass es berühmte iranische Dichter gäbe, die solche Gedichte verfassen. Wie schön!

Alexandra Eichenauer-Knoll, 22. Februar 2017

Greif nach den Sternen, Schwester

Greif nach den Sternen, Schwester – so lautet der Buchtitel der Lebensgeschichte von Latifa Nabizada, die von der Journalistin und Nahost-Expertin Andrea C. Hoffmann in Ichform niedergeschrieben worden ist. Ich habe dieses Buch “verschlungen“ wie selten eines. Daher möchte ich diesen Blog nutzen und es weiter empfehlen. Denn es gibt einige sehr gute Gründe, das Buch von Latifa Nabizada zu lesen.

Die Geschichte erzählt das Leben einer sehr außergewöhnlichen Frau. Latifa Nabizada schloss gemeinsam mit ihrer Schwester als erste Frau Afghanistans die Ausbildung zur Hubschrauberpilotin ab. Wie sich ein solcher Weg für eine Frau in einer traditionell sehr patriachalischen Gesellschaft trotz aller Widrigkeiten gestalten lässt, wie sie immer wieder kämpfte und unkonventionelle Lösungen fand, um Kind, Haushalt und diesen Extremjob zu bewältigen, lässt mich nur staunen. Ihr Selbstbewusstsein als Frau und ihr Streben nach Gleichberechtigung unter schwierigsten Umständen ist gerade für eine westliche Frau wie mich, die viel mehr Freiheiten mit großer Selbstverständlichkeit genießt, vorbildlich.

Die Geschichte beginnt zur Zeit der sowjetischen Besatzung, beschreibt weiter die Mudschaheddin-Regierung und die Taliban-Machtübernahme und endet 2014, als sich die USA nach 13-jährigem Kampfeinsatz aus Afghanistan zurückzogen. Das Buch hat für mich die historischen Abläufe der letzten 40 Jahre in Afghanistan etwas klarer werden lassen, speziell die politischen Übergänge und die damit verbundene jeweilige Problematik in dieser auch innerafghanisch so zersplitterten Gesellschaft.

Die Lebensgeschichte dieser außergewöhnlich mutigen Frau ist einzigartig und ähnelt doch in Details zahlreichen mir inzwischen schon bekannte Erzählungen von Menschen, die nach Österreich geflüchtet sind. Latifa Nabizada war schon als Pilotin ein Star gewesen, durch die Herausgabe dieses Buches im Jahre 2014, das auch in Afghanistan gelesen wurde und aufgrund ihrer engagierten Arbeit als Leiterin der Abteilung für Menschenrechte und Genderpolitik im Verteidigungsministerium machte sie sich aber zu einem ganz besonderen Angriffsziel der Taliban. Das Gefühl der dauernden Bespitzelung, wem ist eigentlich zu trauen?, das Erhalten von Drohbriefen bis zum Erstürmen des eigenen Wohnhauses durch Taliban, die zunehmende Rechtsunsicherheit, all das lässt sich in ihrem Buch gut nachfühlen.
Auch in Hainfeld lebten oder leben einige gebürtige Afghanen, die in irgendeiner Form für die westlichen Truppen oder UNO-Programme gearbeitet haben – sei es als Bewacher, Polizisten, Dolmetscher, Ärzte, Schauspieler oder einfach nur Gastgeber – und dadurch auf die Abschusslisten der Taliban geraten waren. Mit diesem Buch kann ich ihre Geschichte nun auch ein Stück weit besser nachvollziehen.

Heute lebt Latifa Nabizada in Österreich und hofft auf einen positiven Asylbescheid. 2016 glückte ihr auf Einladung des österreichischen PEN-Clubs gemeinsam mit ihrer Tochter die Flucht. Sie ist sich sicher, dass sie in Afghanistan inzwischen nicht mehr am Leben wäre. Im Zuge des Abzugs der amerikanischen Truppen wurde die Bedrohung durch die Taliban immer massiver und brachte nicht nur sie, sondern auch ihre ganze Großfamilie in eine prekäre Sicherheitslage. Den Frieden und die Sicherheit in Österreich empfindet sie als großen Luxus. Einfach sein Kind in die Schule schicken können ohne dabei Ängste ausstehen zu müssen…

Ich empfehle jedem/jeder, der/die sich speziell für Menschen aus Afghanistan interessiert, dieses Buch zu lesen. Es ist kurzweilig und leicht verständlich geschrieben – und es erzählt uns viel mehr als nur eine einzige Lebensgeschichte.

 Alexandra Eichenauer-Knoll