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Ich unterrichte seit Herbst 2022 in der Pension Klammgruberhof, acht Kilometer von Hainfeld, Deutsch. Damals hat mich Uschi Berthold vom Neulengbacher Verein „Ankommen in Würde“ gebeten, sie zu unterstützen. Ich fahre sehr gerne hin und habe inzwischen schon mehrere Kursgenerationen an Bewohnern kennengelernt.
Unter einer Kursgeneration verstehe ich eine Gruppe an Menschen, die gerne zusammen in den Kurs kommen, sich unterstützen und auch Spaß miteinander haben können. Meist ist eine starke Persönlichkeit dabei, die besser Deutsch oder Englisch spricht, die anderen auch übersetzen und die man verlässlich kontaktieren kann. Und irgendwann zerfällt diese Gruppe wieder und es muss sich eine neue formieren. Aufgrund dieser Problematik ist es fast unmöglich, einen durchgängigen, aufbauenden Kurs zu leiten oder ein A0- oder A1-Buch zu probieren. Das ist schade, denn manche Personen müssen über ein Jahr bleiben und bekommen in dieser Zeit keinen Kurs bezahlt (zB Personen aus Afghanistan oder Somalia). Es ist schade um wertvolle Lebenszeit, die sinnvoller genutzt werden könnte. Und mit dem Warten steigt auch die Anfälligkeit für Depressionen.
So liegt es an uns, mit größter Flexibilität und möglichst stets gut gelaunt in der Rolle der Deutschlehrerin anzutreten. Ich habe mein Anliegen längst geändert: Mir geht es vor allem darum, Kontakt zu den Menschen dort zu bekommen oder zu halten, um Fragen zu beantworten (Jedes Jahr wieder: Was ist Ostern? und Achtung: Am Ostermontag sind die Supermärkte geschlossen!). Einfach da und dort behilflich sein können, zB wenn jemand für seinen Sohn ein Fußballtraining sucht oder wenn bestimmte Kleidung benötigt wird.
Da auch immer wieder Kinder anwesend sind, vor allem in den Ferien, bin ich in letzter Zeit dazu übergegangen, vor allem Spiele zu spielen.
Dabei können alle integriert werden, ja sogar Leute, die kaum ein Wort Deutsch sprechen.
Beim Spiel geht es ja bekanntlich auch ums Glück! So hat letztes Mal ein Kurde, der noch gar nicht der deutschen Sprache mächtig ist, haushoch beim Kinder-Scrabble gewonnen. Ich hatte dieses Spiel im Secondhand-Laden besorgt und wollte ausprobieren, ob es sich für den Deutschkurs eignet. Ja, es eignet sich sogar sehr gut!
Beim Spiel kommt einfach Spaß auf und die Leute entwickeln einen Ehrgeiz, der auf ein ganz konkretes Ziel gerichtet ist. Klare Regeln, die für alle gleichermaßen gelten, geben Struktur und Sicherheit.
Unlängst probierten wir sogar ein wirklich schwierige Spiel aus, ich selbst wäre nicht auf diese Idee gekommen. Aber ein Mädchen hatte sich in der Volksschule ein Spiel ausgeborgt und mich gebeten, es ihr zu erklären. Es war ein Spiel der Wirtschaftskammer Niederösterreich, Sektion Transport, und es ging darum, Waren quer durch Europa zu führen. Wer auf ein gelbes Feld kam, musste eine „Zufallskarte“ ziehen, die den Spielverlauf auch ändern konnte, zum Guten und zum Schlechten. Bitte was bedeutet das Wort „Zufall“? Alleine mit dieser Frage verbrachten wir einige Zeit… Ehrlich gesagt, das Spiel war so kompliziert, dass ich das Experiment abbrach und das Mädchen und ihren Vater zu mir nach Hause einlud, wo wir es gemeinsam mit meinem Sohn durchspielten. Mein Sohn Max liebt es zum Glück, neue strategische Spiele auszuprobieren. Also ja, dieses Spiel ist eher für eine fortgeschrittene Deutschgruppe geeignet, aber vielleicht nehme ich trotzdem einmal ein DKT oder ein Zug-um-Zug in den Deutschkurs mit…
Ich freue mich über weitere Anregungen und natürlich auch über Spielespenden. Diese müssen allerdings komplett sein. Einen Würfel kann man schon mal ersetzen und auch einen Spielstein, aber sonst sollte das Spiel vollständig sein. Sehr hilfreich ist auch, wenn eine Anleitung enthalten ist. Gerne nehme ich auch komplette Puzzles – für Kinder, aber auch ältere Personen ist dies ein angenehmer Zeitvertreib.
Kurzum: Ich spiele gerne in meiner Deutschlerngruppe, denn so können auch andere Talente als nur die Sprachkompetenz eingesetzt werden. Strategisches und organisatorisches Geschick sowie logisches Denken können über so manche Sprachdefizite hinweghelfen, oder sagen wir besser, man kann sie damit „leichter überspielen“. Und ist das nicht auch eine wichtige Übung, um irgendwann auf eigenen Füßen zu stehen, wenn es dann nach dem Erhalt des ersehnten Bescheides endlich losgehen darf?
Herzliche Grüße, Alexandra Eichenauer-Knoll